Obliegenheiten der Gläubiger – auch das gibt es!

Heute eine andere Beteiligtenseite im Verfahren: DIE GLÄUBIGER.

Genauer: die Insolvenzgläubiger. Noch genauer: deren Obliegenheiten im Insolvenzverfahren.

§ 38 InsO beschreibt die Insolvenzgläubiger recht einfach: persönlichen Gläubiger, die einen zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründeten Vermögensanspruch gegen den Schuldner haben.

Diese Gruppe der Gläubiger ist die „Herrin des Verfahrens“, sie beschließt in der Gläubigerversammlung, welche Maßnahmen des Verwalters genehmigt werden und welche ggf. vom Regelbild der InsO abweichenden Verteilungen der Insolvenzmasse durchgeführt werden sollen (Stichwort: Insolvenzplan). Außerdem wird in der Gläubigerversammlung die Rechnungslegung des Insolvenzverwalters erörtert und ggf. deren Prüfung angeordnet (vgl. §§ 74 ff InsO).

Außerdem verfolgen die Insolvenzgläubiger ihre Ansprüche gegen den Schuldner durch Anmeldung zur Insolvenztabelle.

Teilnahme an den gesetzlich eingeräumten Bestimmungsrechten? Fehlanzeige!

Noch schlimmer : Gläubiger teilen nicht mit, wenn sie umziehen, sich die Bankdaten ändern oder die rechtliche Form sich ändert (Fusion, Verschmelzung). Das ist eine ungeschrieben Obliegenheit der Gläubiger.

Obliegenheit – das war doch was? Ich schrieb schon, daß auch der Schuldner Obliegenheiten hat (angemessenes Erwerbseinkommen, Auszahlen des halben Wertes eines Erbes, Auskunft über persönliche und wirtschaftliche Verhältnisse – vgl. § 292 InsO). Das sind geschriebene Obliegenheiten. Eine vergleichbare schriftliche gesetzliche Anordnung für die Insolvenzgläubiger gibt es nicht.

Allen Obliegenheiten ist eines gemeinsam: sie sind nicht einklagbar, können also nicht erzwungen werden. Aber: werden sie nicht erfüllt, hat das andere Konsequenzen. Der Schuldner bekommt keine Restschuldbefreiung, der Gläubiger bekommt keine Quote.

 

 

Wie das geht, sei nun geschildert:

Ein Heidenaufwand für den Insolvenzverwalter am Ende des Verfahrens, die Schlamperei der Gläubiger aufzuarbeiten und mit Einwohnermeldeamtsanfragen, Anfragen an Gewerbeämter oder an Handelsregister oder andere Auskunftsquellen einen Gläubiger aufzufinden.

Deswegen kann eine vollständige Ausschüttung im Verfahren mehrere Jahre in Anspruch nehment. Es gibt Wirtschaftsdetekteien, die bei großen Quoten sogar Auslandsermittlungen durchführen, die durchaus auch mal ein paar hundert € kosten können!

Werden solche Auskünfte eingeholt, kostet das Geld. Das zahlt der schlampige Gläubiger, denn diese Auslagen werden ihm an der Quote abgezogen.

Manche Gerichte sagen: einmal nachfragen reicht, wenn dann nichts ermittelt werden kann, ist es gut. Nun kann das Geld aber nicht ewig herumliegen, das Insolvenzverfahren endet ja erst dann, wenn die Schlußverteilung vollzogen 8also vollständig abgewickelt und das Anderkonto leer ist – vgl. § 200 InsO.

Abhilfe: der verbleibende Quotenbetrag wird hinterlegt.

Das ist ein förmliches Verfahren zur Schuldbefreiung der Insolvenzmasse (und anderer Schuldner, die sich über den gläubiger oder seine Empfangsberechtigung nicht sicher sind und nicht sicher sein müssen). Zuständig ist das Amtsgericht, bei dem auch das Insolvenzgericht geführt wird.

Das Geld wird auf ein Konto der Justizverwaltung eingezahlt und ist damit im Insolvenzverfahren wirksam ausbezahlt. Nur: die Justizverwaltung sucht den Hinterlegungsgläubiger nicht. Das Geld liegt dort für sechs Monate, danach verfällt es zugunsten des Bundeslandes, in dessen Bezirk das Hinterlegungsgericht ansässig ist.

Beispiel: Gläubiger meldet 10.000 € zur Tabelle an, die werden im Prüfungstermin festgestellt. Die Quote nach im Schlußtermin genehmigtem Verzeichnis beträgt 3,5 %, also 350 €. Der Gläubiger hatte damals seine Bankdaten mitgeteilt, die stimmen im Zeitpunkt der Schlußverteilung aber nicht mehr.

Als erstes schüttet der Insolvenzverwalter an die ihm bekannt gegebene Adresse aus. Das Geld kommt natürlich zurück, die gilt ja nicht mehr, das Konto ist erloschen. Also wird der Gläubiger angeschrieben und aufgefordert, seine Bankdaten mitzuteilen. Tut er das, wird nun endlich ausgezahlt. Kommt diese Post als unzustellbar zurück wird ermittelt. Anfragen an Gewerbeamt oder Einwohnermeldeamt (Kosten zwischen 5 und 15 €). Sagen wir: 8 € (das kosten die meisten). Zur Auszahlung noch vorhanden: 342 €.

Erneutes Anschreiben an die nun bekannt gegeben neue Adresse. Gibt der Gläubiger jetzt seine Bankdaten an, erhält er die 342 €. Kommt dieser Brief wieder als unzustellbar zurück: Die 342 € werden hinterlegt.

Fordert die innerhalb von sechs Monaten ab Hinterlegung keiner ab, verfallen sie zugunsten des Staates. Quote für den Gläubiger: 0 €.

Und das geschieht im Recht!

 

Kommentar verfassen

Trage deine Daten unten ein oder klicke ein Icon um dich einzuloggen:

WordPress.com-Logo

Du kommentierst mit Deinem WordPress.com-Konto. Abmelden /  Ändern )

Twitter-Bild

Du kommentierst mit Deinem Twitter-Konto. Abmelden /  Ändern )

Facebook-Foto

Du kommentierst mit Deinem Facebook-Konto. Abmelden /  Ändern )

Verbinde mit %s