Vermintes Gebiet, ich weiß! Verwalterbashing gibt es hier nicht, das ist nicht mein Thema.
Viele Mißverständnisse sind unnötig und belasten die Abwicklung. Damit ansatzweise durch diesen Beitrag aufzuräumen ist mein Ziel. Aber der Reihe nach:
Wer wird Insolvenzverwalter?
Jeder, der dazu geeignet ist – so sagt’s das Gesetz. In der Wirklichkeit sind das fast nur Rechtsanwälte, ein paar versprengte Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer soll es auch geben. Da liegt das erste Mißverständnis schon auf der Hand:
Der Insolvenzverwalter ist zwar Anwalt, aber NICHT für den Schuldner da!
„Sie müssen sich kümmern, Sie sind doch mein Anwalt!“ – so falsch kann man liegen.
Die Auswahl trifft in der Regel das Insolvenzgericht. Manchmal kann sich der Schuldner einen Verwalter wünschen – das ist bei Verfahren über das Vermögen von Menschen aber so gut wie nie der Fall.
So oder so: Insolvenzverwaltung ist keine gemeinnützige Arbeit, sondern ein Geschäft wie jedes andere auch. Gewinnerzielung ist die Absicht, nicht die Verbesserung der Welt. Auch wenn manchmal ein anderer Eindruck entstehen mag … und manche Kollegen damit gerne ihr Image pflegen.
Was soll der Insolvenzverwalter eigentlich tun?
Banale Antwort: Das verwertbare Vermögen bestmöglich versilbern in Abstimmung mit den Gläubigern. Mein Spruch dazu: „Der Insolvenzverwalter ist die personifizierte Zwangsvollstreckung – Gerichtsvollzieher, Forderungsliquidator, Grundstücksverkäufer und alles andere, was in Frage kommt.“ Glasklar, daß er offensichtlich NICHT im Interesse der Schuldner handelt, sondern ausschließlich in demjenigen der Gläubiger. Wenn also Unsicherheit aufkommt, ob „der das darf“, dann braucht man den Rat eines im Insolvenzrecht erfahrenen Kollegen.
Ist der insolvenzverstrickte Mensch über die weiteren Verfahrensschritte unsicher oder möchte weitere Aufklärung zu Auswirkungen und Ergebnissen einer Insolvenz bzw. Restschuldbefreiung, dann ist sein Ansprechpartner weder das Gericht noch der Insolvenzverwalter! Beide sind nicht zu seiner Beratung da. Ggf. muß man sich einen beratenden Anwalt oder Schuldnerberater suchen!
Wer kontrolliert den Insolvenzverwalter?
Das Insolvenzgericht und die Gläubiger – theoretisch. Praktisch sind die Gläubiger in nahezu allen Verfahren passiv, so daß das Gericht kontrolliert. Dabei geht’s dann vor allem um vollständige und lückenlose Buchführung und (eingeschränkt) um zweckmäßiges Vorgehen.
Stimmt etwas nicht, muß dem nachgegangen werden. Das macht das Gericht meist nicht selber, sondern ein dazu beauftragter „Sonderinsolvenzverwalter“. Riecht nach „eine Krähe hackt der andern kein Auge aus“, oder? Eher nicht – jeder Verwalter hat einen Ruf zu verlieren und letzten Endes ist es nur der, der ihm Geschäft einträgt. Falsche „Rücksicht“ gefährdet also den eigenen Erfolg in der Zukunft.
Aus der Kontrolle ergibt sich aber auch, daß manche vielleicht sogar praktische Dinge oder Wege einfach nicht „gehen“, weil damit ein persönliches Risiko für den Insolvenzverwalter verbunden ist. Das kann er eingehen, muß es aber nicht. Er haftet für seine Fehler mit seinem gesamten Vermögen. So was bremst übermäßigen Ehrgeiz schnell ein, verhindert aber auch „Entgegenkommen“. Der sichere Weg ist der gute Weg!
Beispiel: „Ich will nicht, daß mein Arbeitgeber was von der Insolvenz erfährt. Ich zahle das Pfändbare einfach an den Verwalter und der meldet sich bei meinem Chef dannerst gar nicht.“ Läuft so nicht und ist ausdrücklich nicht möglich. Der chef ist zwingend anzuschreiben. das ist kein Mißtrauen dem Schuldner gegenüber, sondern einfach vorgeschrieben und damit zu befolgen.
Wie verdient der Insolvenzverwalter sein Geld?
Bezahlt wird er aus der Insolvenzmasse. Reicht die voraussichtlich nicht, können Menschen „Kostenstundung“ beantragen, dann bevorschußt der Steuerzahler das Geld.
Faktisch bezieht er Erfolgshonorar. Je mehr Masse, desto mehr Geld. Das hält zum „geizigen Umgang mit der Masse“ und zum gründlichen Arbeiten an. Man hält dem Insolvenzverwalter also die Mohrrübe des höheren Einkommens vor die Nase, damit er besser arbeitet. Alles, was das verhindert oder erschwert, erfreut ihn logischerweise nicht. Das ist dann oft Ursache für Knatsch zwischen Schuldner und Insolvenzverwalter. Naja, vielleicht etwas weniger, wenn hier viele mitlesen.
Leider nimmt das Erfolgshonorar nicht gleichmäßig zu, sondern „degressiv“: Je mehr Masse, desto relativ weniger mehr Geld. Ob das so sinnig ist oder nicht, ist erst einmal egal, denn das ist gesetzlich geregelt.
Beispiele: Insolvenzmasse 10.000 € – Verwaltervergütung 4.000 € (zuzüglich Auslagen und Umsatzsteuer). 40 %. Heftig, was?
Insolvenzmasse 1.000.000 € – Verwaltervergütung 47.750 € (zuzüglich Auslagen und Umsatzsteuer). 4 %. Schon nicht mehr so heftig im Vergleich …
Insolvenzmasse 10.000.000 € – Verwaltervergütung 227.750 € (zuzüglich Auslagen und Umsatzsteuer). 2,3 % …
Bei Schwierigkeiten kann das im Einzelfall nach entsprechender Begründung durch das Gericht vervielfacht werden, in den Beispielen steht die „Regelvergütung“.
Davon muß er sein Büro, die Mitarbeiter, die EDV bezahlen und seinen Lebensunterhalt bestreiten. Sieht aus, als ob man davon steinreich würde, nicht? Einigen wenigen gelingt das auch, Einkommensmillionäre sind aber die absolute Ausnahme.
Denn: Die allermeisten Verfahren haben Insolvenzmassen von 10.000 € oder weniger. Eines mit mehr als 100.000 € ist schon ein Großverfahren. Die machen höchstens 5 % aller Insolvenzverfahren aus. Das Mindesthonorar beträgt 800 € (netto ohne Auslagen). Das wird in rund einem Drittel aller Verfahren verdient. Davon kann kein Insolvenzverwalter sein Büro betreiben, geschweige denn leben. Wieder packt man die Vergütungsmohrrübe „dafür gibt es ja in großen Verfahren auch mehr Geld“ aus. An diese großen Verfahren kommen nur die „großen Verwalter“, die Rechnung geht also nicht auf. Zumindest für diejenigen nicht, die viele aber arme Verfahren abwickeln.
Also: In einem mit Kostenstundung eröffneten Verfahren einen Verwalter grundlos mit unnötiger Arbeit zu quälen, hebt seine Stimmung sicher nicht. Dann kann eine Zusammenarbeit mit dem Schuldner oder auch Gläubiger schnell „auf Block gehen“. Das nützt dann faktisch nicht, denn mehr Geld kommt deswegen für niemanden – nur mehr Ärger. Vorher informiert sein und vielleicht auch hier Hilfe finden spart dann Nerven und nützt.
Noch schlimmer ist, daß faktisch der Verwalter erst einmal arbeiten muß und dann sein Geld bekommt – also die Vorfinanzierung der Kosten einer Insolvenzabwicklung schultern darf.
Nochmal: Bei einigen wenigen (gefühlt allenfalls ein Dutzend Büros in Deutschland) kommt da richtig was an Einnahmen und Gewinn zusammen. Bei den allermisten der bundesweit wohl etwa 1200 Insolvenzverwalter ist das inzwischen kaum noch wirklich auskömmlich. Nicht umsonst lassen sich immer mehr Kollegen nicht mehr beauftragen, weil sie für den Betrieb ihres Büros Geld brignen müssen und Gewinn nicht mehr zu erwarten ist.