Wenn am Ende Kraft und Disziplin nachlassen …

In den letzten Wochen und Monaten häufen sich die Schlußrechnungen am Ende der Wohlverhaltensphase im Büro.

Eigentlich eine ganz einfache Sache. Schlußbericht und Rechnungslegung an das Insolvenzgericht, sechs Jahre nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens gibt’s endlich die ersehnte „Restschuldbefreiung“. Und immer öfter geht etwas schief bei den Schuldnern.

 

Kurz zur Erinnerung:

Am Ende des Insolvenzverfahrens selber gibt es in der Regel KEINE Befreiung von den Altschulden. Gerade das macht dieses Verfahren für Menschen, die nicht selbständig sind, so unnütz, teuer und kompliziert.

An dieses Insolvenz„verfahren“ schließt sich eine sogenannte „Wohlverhaltensphase“ an. Wer sich brav benimmt und alle Regeln einhält, wird von nahezu allen seinen Altschulden befreit. Ziel ist exakt sechs Jahre nach Insolvenzeröffnung spätestens erreicht.

Beispiel: Eröffnung zum 15.10.2009. Entscheidung über Restschuldbefreiung am 15.10.215.

Brav sein kann nicht erzwungen werden. Der Gesetzgeber ist heimtückisch. Er schreibt vor, was er von den Menschen erwartet. Und nennt das „Obliegenheit“. Tun sie das nicht, können die Gläubiger Versagung der Restschuldbefreiung beantragen. Voraussetzung: Der Regelverstoß („nicht brav“) löst einen in € meßbaren Schaden aus.

Beispiel: Neue Arbeitsstelle wird verschwiegen. Pfändbares Einkommen wird nicht an den Treuhänder abgeführt, sondern privat verbraucht.

Beispiel: Eine Erbschaft wird verschwiegen. Davon wäre die Hälfte des Wertes (wieder so ein gesetzgeberischer Unsinn – dazu schreibe ich noch gesondert etwas) an den Treuhänder zu bezahlen. Das passiert nicht. Übrigens: Ob Erbschaftsteuer anfällt oder nicht, ist völlig egal. Und wenn nur 100 € geerbt werden, müssen 50 € an den Treuhänder bezahlt werden. Woher er Irrglaube kommt, nur „steuerpflichtige Erbschaften“ seien damit gemeint, ist mir schleierhaft.

Also beißt ein Mensch sich im schlimmsten Fall sechs Jahre durch ein solches Verfahren. Und am Ende gefährdet er alles, weil er die Obliegenheiten nicht ernst nimmt.

So viele sind das gar nicht, schwer is das auch nicht und eigentlich versteht sich sowas von selber:

  • Umzug mitteilen
  • Änderungen in der Familie mitteilen (Eheschließung, Scheidung, Kinder und deren Ausbildung bzw. Einkommen)
  • bei Arbeitslosigkeit sich fleißig um eine neue Stelle bemühen
  • von Erbschaften die Hälfte des Wertes abführen.

 

Lassen wir die Sinnhaftigkeit einzelner Obliegenheiten mal außen vor. So schwer ist das nun wirklich nicht.

Nach ein paar Jahren greift aber der Schlendrian ein. Vor allem bei Nachrichten zur Arbeit wird’s zappenduster. Immer öfter kommt dann heraus, daß seit Monaten schon eine neue Stelle angetreten ist und das Mitteilen an den Treuhänder „vergessen“ wurde.

Kommt beim Arbeitgeber nicht gut und erst recht im Verfahren! Bis zum Ende der Wohlverhaltensphase muß alles zu Unrecht Behaltene bezahlt sein. Woher nehmen und nicht stehlen, wenn’s (wie immer) schon ausgegeben ist? Konsequenz: Strafverfahren wegen Vorenthaltens von Vermögen („Bankrott“) droht, Stundung der Verfahrenskosten wird von Amts wegen widerrufen und Restschuldbefreiung kann versagt werden. Das ganze Verfahren war dann für die Katz‘!
Auch die eindringlichste Belehrung ändert daran nichts, die Fälle häufen sich in der Praxis.

Und komme mir bloß keiner mit „das hätten Sie mir sagen müssen“!

Erstens: das habe ich in der persönlichen Besprechung.

Zweitens: Das gab’s(zumindest bei mir) schriftlich mit in einem Merkblatt

Drittens: Kein Treuhänder muß für den Schuldner „fürsorglich“ sein, jeder muß sich um seine Sachen selber kümmern. Der Treuhänder ist kein Sozialarbeiter, sondern wahrt die Gläubigerinteressen!
Mein Mitleid hält sich (offensichtlich) stark in Grenzen …

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