Dreimal das gleiche – oder doch nicht?

Da muß man schon verrückt sein, um innerhalb von nur zwei Jahren dreimal das gleiche Auto zu bestellen, oder? Nun, so verrückt nun auch nicht, wenn einem das „Kurzzeitleasing“ der Daimler AG dieses Manöver erleichtert.

Was das ist? Ein Angebot, für zwölf bis 18 Monate ein Auto dort zu leasen. Ohne Sonderzahlung. Zu attraktiven Kosten. Weit weniger Leasingrate als der Wertverlust in dieser Zeit, also rechnerisch vernünftig.

 

Vorteile: Man hat immer ein neues Auto. Trickreich gemacht muß man ggf. nicht einmal zur Inspektion. Reparaturkosten fallen keine an, Ersatz für abgefahrene Reifen braucht man nicht. Zum TÜV muß man auch nicht. Die Kosten sind extrem überschaubar: Leasingrate, Tanken, Steuer, Versicherung. Fertig.

 



Nachteil: Das Angebot betrifft immer einen Neuwagen. Also wird immer der Anschaffungspreis höher als bei einem jüngeren Gebrauchtwagen sein, ergo auch die Raten höher.

 

Der Anteil der Leasingrate an den Kosten ist hoch: Bei meinem Modell etwa 66 %. Kurz gesagt: was er verbraucht, ist für die Gesamtkosten weniger wichtig als was er kostet!

Wer ist denn „er“?

 

Alle drei Autos sind Mercedes C 400 T. Der unauffällig-starke Kombi der C-Klasse. Um die Vor- und Nachteile der C-Klasse soll es hier nicht gehen, die kann man überall nachlesen oder als Video ansehen. Ich trage keine Eulen nach Athen.

 

Ein blauer,

 

 

 

ein blaugrüner

 

 

 

und ein schwarzer.

 

 

 

Also alle drei doch nicht das gleiche?

 

Auch technisch unterschiedlich:

Der blaue ist noch mit der alten 7-Gang-Automatik ausgestattet und hat das Serienfahrwerk.

Der blaugrüne hat das neue 9-Gang-Getriebe und Luftfederung.

Der schwarze hat zusätzlich Standheizung.

 

Alle haben den 3-Liter-Biturbo-V6-Benziner mit 333 PS und Allradantrieb. Alle haben innen die designo-Ausstattung in sattelbraun. Da sollte sich doch so viel nicht an

 

Unterschieden

 

ergeben, oder?

Doch!

 

Das Getriebe macht einen deutlichen Unterschied. Nicht wegen der Übersetzungen, die sind gar nicht so viel anders: Der 7. Gang ist kaum kürzer übersetzt als der 9. im neuen Getriebe. So oder so sind das Spargänge, bei 1000/min fährt man mehr als 60 km/h. Das neue Getriebe schaltet aber sanfter auch in kaltem Zustand und funktioniert viel besser mit dem Start-/Stop-System. Die feineren Abstufungen zwischen dem 1. und dem 9. Gang erlauben sehr fein angepaßte Drehzahlen, so daß der Durchschnittsverbrauch um etwa 0,5 L/100 km niedriger ist. Normal rollt man mit maximal 2000/min entspannt herum. Soll es schnell schneller werden, ist der 9-Gang-Automat fixer im Herunterschalten. Das Bessere ist des Guten Feind!

 

Die Airmatic genannte Luftfederung hielt ich für überflüssig beim ersten (dem blauen). Er hat Stahlfedern. Ich kann die Fahrwerke gut vergleichen, denn die Bereifung ist immer dieselbe: Seriengröße 225/50 R 17. Und dann ergibt sich: Airmatic ist besser. Nicht immer, aber in vielen Fällen.

Wann nicht? Beim Anfedern auf kurzen Unebenheiten. Kanaldeckel, schroffe Löcher im Asphalt, schlecht verlegtes Kopfsteinpflaster. Da sind sie alle unerwartet schroff. Luftdruck unter 2,5 bar absenken (ich empfinde 2,35 als guten Kompromiß, der noch keinen ernstlichen Mehrverbrauch auslöst) hilft ein bißchen.

Wann doch? Beim Verarbeiten von allen Fahrbahnunebenheiten ab Tempo 50 – egal, ob Wellen, Absätze (Autobahnbetonplatten!) oder Spurrillen. Dazu immer auf gleicher Höhe unabhängig vom Beladungszustand. Dämpfung variabel einstellbar (Sport ist schon deutlich härter, Sport+ ist unangenehm), eine Spielerei, die man bald läßt. Ein C-Kombi ist kein Rennwagen, Comfort ist gut. Dazu kann man ihn höher einstellen, was beim Überfahren extremer Hindernisse hilft und beim Befahren steiler Rampen in Parkhäusern die Angst vor dem Aufsetzen „mit dem Bauch“ nimmt.

Lohnt sich also. Vor erhöhtem Reparaturrisiko habe ich keine Angst, dank Kurzzeitleasing ist mir das Wurscht. Bevor was Teures kaputt geht, habe ich das Auto ja schon lange nicht mehr.

Standheizung – wie habe ich sie vermißt! Warmes Auto, warmer Motor (nur beim Sechszylinder, die kleineren Motoren werden nicht vorgewärmt – warum auch immer?). Erstaunliche Erkenntnis: Sie bringt keinen Mehrverbrauch, sondern senkt sogar den Durchschnitt. 

Hat mich auch gewundert, erscheint aber nachvollziehbar: Der Motor wird bei rechtzeitig vor Abfahrt anlaufender Heizung so weit vorgewärmt, daß er sofort ohne Kaltstartanreicherung läuft. Bei sechs Zylindern ist der „Kaltstartmehrverbrauch“ höher als der Verbrauch der Standheizung in der kurzen Vorheizzeit. Ich fahre winters mit Verbräuchen herum, die auf dem Niveau hochsommerlicher Werte liegen. Extremtest anhand einer Standardstrecke (ich fahre sie immer zur selben Zeit an immer demselben Wochentag bei immer gleichem Verkehr): Der 7-Gänger ohne Standheizung wollte bei 0° um die 11 L/100 km. Der 9-Gänger ohne Standheizung wollte um die 10,4 L/100 km. Der 9-Gänger mit Standheizung will 9,0 L/100 km. Effektiv ist der 9-Gänger mit Standheizung die sparsamste Variante.

Was fällt sonst auf?

 

Alle drei sind aus der Zeit „vor Modellpflege“ (oder vorMOPF für Benz-Buddies). Sollten also alle drei gleich sein, oder?

Nö.

Neuerdings muß man für die Uhr im Armaturenbrett Aufpreis zahlen. 59,50 €, um genau zu sein. Ohne sieht’s fad aus!

Die Mercedes-Plakette in der Grilleinfassung vor dem Haubenstern. Die ist jetzt immer schwarz, kann also auch „nicht so gut zum Lack passen“. Aufpassen!

 

Der letzte ist bei den Abrollgeräuschen leiser als seine Vorgänger. Sowohl Reifen- wie Fahrbahngeräusche sind besser gedämmt.

Die Verarbeitung ist nicht in allem besser als vorher. Beim schwarzen (dem jüngsten) ist das Lederlenkrad pickelig und faßt sich unangenehm an. Außerdem brummt er im Antrieb bei zwei Geschwindigkeiten – irgendwas an dem komplexen Allrad sitzt nicht in perfekter Flucht, vermute ich. Wäre es meiner, würde ich reklamieren, bis es weg ist. Vorteil der Leaserei: Eigentlich ist es mir den Aufwand nicht wert – ich leb’ damit, einmal habe ich’s angezeigt und das muß reichen.

Die Lederverarbeitung ist nicht immer gleich gut: Das Leder an sich ist sehr gut in der Qualität, aber die Aufpolsterung der Sitze gelingt nicht immer gleich. Das kann dann unangenehmen Versatz ergeben (Übergang Sitzfläche zu Oberschenkelauflage vorne).

 

 

Allen gemeinsam ist, daß die Wischer vorne nicht rubbelfrei laufen. Der linke zittert immer mit seinem untersten Blattende. Justieren der Wischerarme (da gibt es extra ein Werkzeug dafür!) hilft nicht, da scheint ein Problem des Anpreßdrucks, der Scheibenkrümmung und der Vorspannung der Wischer ungelöst zu sein. Irgendwie hadert Mercedes ja nicht selten mit den Wischern, die immer Experimentierfeld waren („Einarmwischer“, „Schmetterlingswischer“, „Doppelarm parallel“ und wie die Versuche alle hießen).

Ach ja – eine Gemeinsamkeit haben sie noch: horrender Wertverlust! Auf ein Jahr und unter 15.000 km gehen bei etwas anspruchsvollerer Ausstattung 40 % vom Listenpreis verloren. Attraktiv für Zweitkäufer, der Wahnsinn, wer ihn neu kauft statt zu leasen! Der starke Motor „ohne AMG“ ist nicht gesucht, Extraaustattung ist gebraucht nichts – jedenfalls nicht mehr viel – wert.

Sonst: Fährt sich sehr souverän und entspannt ohne sportliche Ambition am besten, ist aber sauteuer. Als junger Gebrauchter sinnvoller für längere Nutzung aber ohne Garantieverlängerung ein teures Reparaturrisiko wegen komplexer Technik.

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